Stand Januar 2024

Fast hundert und kein bisschen leise.

Theoder i Ninive

Seit Jahrzehnten erfährt das Theaterspiel in nahezu allen Teilen Deutschlands einen regelrechten Boom. Das Spektrum reicht von durchorganisierten Theatervereinen bis zu losen Zusammenschlüssen von begeisterten Laienschauspielern, die sich regelmäßig dort treffen wo sie sich am wohlsten fühlen: auf den Brettern die die Welt bedeuten.
Immer wieder gelingt es unzähligen Laienschauspielern mit ihrer Begeisterung für das Theater ihren Mitmenschen und sich selbst eine Freude und nicht selten unvergessliche Momente zu bereiten.

Und genau das war und ist das Ziel des Laientheaters in Niedertiefenbach. Die Theatergruppe „4. Akt“ ist dem heimischen Sportverein, dem VfR Niedertiefenbach 1927 e. V. angegliedert. Im Rhythmus von zwei Jahren findet, jeweils am 2. Advent, ein Theaterwochenende mit zwei Abendveranstaltungen im Bürgerhaus statt.
Doch bis hierhin war es ein langer Weg ...

Theoder gespilld wuur schoo immer

Erstmals wurde das Theaterspiel in Niedertiefenbach im Jahre 1928 erwähnt. In der lokalen Presse „Nassauer Bote“ erschien ein Artikel über eine Veranstaltung des Männergesangvereins „Germania“ Niedertiefenbach. In dem Bericht wurden auch die Aufführungen zweier Theaterstücke erwähnt. „Am Rand des Verderbens“ und „Durch Bruderliebe gerettet.“ Laut Presse kamen die Aufführungen sehr gut beim Publikum an. Dass es sich hierbei höchst wahrscheinlich nicht um Komödien handelte ergibt sich aus den Titeln.

Aber es wurde wahrscheinlich bereits früher Theater gespielt. Ein in Privatbesitz befindliches Buch (Die Wiskottens von Rudolf Herzog) weißt eine handgeschriebene Widmung des Männergesangvereins Germania Niedertiefenbach auf. Diese ist auf den 5. Februar 1927 datiert. Gewidmet ist das Buch Frau Johanna Schmidt. Es ist überliefert, dass Frau Schmidt in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts regelmäßig Theater gespielt hat. Man kann davon ausgehen, dass besagtes Buch eine Anerkennung für ihr Theaterspiel war und zugleich ein Indiz dafür ist, dass in den 1920er Jahren in Niedertiefenbach regelmäßig Theater gespielt wurde.

Wie dem auch sei. Das Theaterspiel in Niedertiefenbach blickt nachweislich auf eine fast hundertjährige Tradition zurück.



Während der dunkelsten Jahre deutscher Geschichte kam das Theaterspiel in den 1930er oder frühen 1940er Jahren zum Erliegen. Wann genau lässt sich nicht mehr sagen.

Et geht wirre lurrs

Sagen lässt sich aber, dass das Laienschauspiel nach dem Krieg sehr schnell wiederbelebt wurde.
Bereits am 26.12.1945 wurde im Saal des Gasthauses Daub das Stück „Ulrich der Wilderer“ aufgeführt.
Maßgeblichen Anteil an der schnellen Belebung des Theaterspiels nach dem Krieg hatte der langjährige Vorsitzende des VfR Niedertiefenbach Johann Speth. Er führte bis in die 1960er Jahre Regie, bis er von Josef Sick abgelöst wurde.

Die 50er und frühen 60er Jahre waren sicherlich die Blütezeit des Laientheaters in Niedertiefenbach. Es wurde regelmäßig gespielt und Stücke wie „Hauptmann Jaguar“, „Lorbeerkranz und Dornenkrone“, „Die schöne Müllerin“ (Dezember 1952) oder „Der Schinderhannes“ (Dezember 1963) aufgeführt.
Historie 1952 Historie 1963

„Meistens ess emool geschosse wurrn.“

(Zitat eines Zeitzeugen)

Mitte der 60er Jahre kam das Theaterspiel in Niedertiefenbach zum Erliegen und fiel in einen langen „Dornröschenschlaf“. Doch genau wie im Märchen ist Dornröschen wieder aufgewacht. Hierzu bedurfte es einer Anregung aus dem Vorstand des VfR Niedertiefenbach, namentlich durch den 1. Vorsitzenden Edgar Heinz. Er konnte den Jugendleiter Willi Bernhardt überzeugen sich um die Wiederbelebung des Laientheaters beim VfR zu bemühen.

Willi Bernhardt

Lieber Willi, du warst ein absoluter Glücksfall für das Laientheater in Niedertiefenbach. Nicht nur wegen deines legendären Gespürs für gute Schauspieler. Im Namen aller Theaterfreunde sagen wir dir an dieser Stelle vielen, vielen Dank!

Die ersten Theaterstücke wurden dann Mitte der 1980er Jahre im Rahmen der Familienabende des VfR aufgeführt. Sie wurden zum festen Bestandteil des kulturellen Lebens in Niedertiefenbach.

In den 1990er Jahren gesellte sich eine neue Variante des Theaters hinzu, nämlich das Kinder- und Jugendtheater. Es wurden Stücke wie „Null Bock auf Mathe“, „Die zwei Schlaumeier“, „Die Sitzung wird vertagt“ oder „Hacke, Spitze, eins, zwei, drei“ insbesondere zur Freude der jungen Schauspieler aufgeführt. Ein Großteil des Nachwuchses ist der Theatergruppe bis heute treu geblieben. Wen das Theatervirus einmal packt ...
Jugendtheater 1997

Im Jahre 2002 kam es zu einer weitreichenden Änderung und Weiterentwicklung des Theaters in Niedertiefenbach. Die Theatergruppe trat mit einer Bitte an den Vorstand des VfR heran. Es wurde angeregt die Theatervorstellung aus dem Programm des Familienabends heraus zu lösen und im Gegenzug ein reines Theaterwochenende zu veranstalten.
Diesem Wunsch wurde entsprochen.

Seither gibt es alle zwei Jahre freitags und samstags jeweils eine reine Theateraufführung am Abend. Die Veranstaltung erfreut sich nicht zuletzt auf Grund des besonderen Ambientes im Advent, in und um Niedertiefenbach großer Beliebtheit. Es wird mittlerweile über eine dritte Aufführung nachgedacht.

Mach‘s gut Willi

im Januar des Jahres 2022 kam es zu einem tiefen Einschnitt im Leben der Theatergruppe. Mit Willi Bernhard verstarb der Mann dessen Name immer mit dem Theaterspiel in Niedertiefenbach verbunden war und bleiben wird. Er hatte bereits das nächste Stück („Alles wegen Laura“) ausgesucht und die Rollen besetzt. Es sollte nicht mehr zur Aufführung kommen. Der Theatervorhang hat sich für unseren Freund Willi für immer geschlossen.
Er wird uns als detailverliebter, akribischer Regisseur in Erinnerung bleiben. Genauso wie das Klopfen mit seinem Ehering auf die Aluschiene der Bühne im Bürgerhaus.
Spätestens dann wusste jeder: Höchste Konzentration, der Spaß ist vorbei. Auch das werden wir vermissen. Mach‘s gut Willi!“

Et geht weirer

Nun galt es einen Nachfolger für Willi Bernhardt zu finden und den Fortbestand des Theaters in Niedertiefenbach zu sichern. Auf Anfrage der Theatergruppe erklärte sich der langjährige Vorsitzende des VfR Niedertiefenbach, Stefan Heinz bereit die Nachfolge anzutreten.

Unter seiner Regie wurde am 2. Advent 2022 das Stück „Club der Pantoffelhelden“ aufgeführt. Es geht also weiter mit der Theatergruppe „4. Akt“ auf den Brettern die die Welt bedeuten.
Bei der Begeisterung die rund um das Laientheater in Ninive herrscht, muss einem um dessen Zukunft nicht bange sein.
Man darf gespannt sein welche Kapitel der Theatergeschichte in den nächsten Jahren geschrieben werden.



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